Am 23. November 2023 titelte die WESTFALENPOST: „Cyberattacke abgewehrt, System fahren hoch, Siegen zweifelt“. Und weiter zitiert die WP den Olper Landrat Theo Melcher: „Unser Ziel ist es, unsere Kommunen und Kreise schnellstmöglich wieder handlungsfähig zu machen, damit sie ihre öffentlichen Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger zügig wieder erbringen können“, so der Olper Landrat Theo Melcher, Verbandsvorsteher der SIT. „Um die wichtigsten Leistungen wieder bereitstellen zu können, wird der betroffene Teil des Rechenzentrums komplett neu aufgebaut. Darüber hinaus können wir heute einen Zeitplan für die nächsten Schritte vorlegen.“
Und dann legte sich der Olper Landrat, der immerhin eine Kontrollfunktion in der Südwestfalen IT übernimmt, im gleichen Artikel weit aus dem Fenster.
Zitat: Der (Zeitplan) sieht vor, dass erste wesentliche Dienstleistungen ab Mitte Dezember in einem Notbetrieb zur Verfügung gestellt werden – unter anderem das Ausstellen von Ausweisen, Pässen und Führerscheinen, Anmeldung von Geburten, Todesfällen und Hochzeiten, Auszahlung von aktuell berechneten Sozialhilfeleistungen und Wohngeld, Kfz-Zulassung sowie Dienste der Ausländerbehörden.
Für dieses Versprechen hat der Landrat in den letzten Wochen viel Prügel kassiert, denn tatsächlich gibt es augenscheinlich seitens der Südwestfalen IT überhaupt keine technischen Fortschritte bei der Schadensbeseitigung zu vermelden. Deshalb sahen sich jetzt die sieben Bürgermeister im Kreis Olpe und der Landrat in einer gemeinsamen Pressemitteilung gezwungen, selber zum Thema an die Öffentlichkeit zu gehen.
Hier im Wortlaut die Pressemitteilung:
Seit dem Cyberangriff auf das kommunale Rechenzentrum Südwestfalen-IT, der auch die Rathäuser und das Kreishaus in Olpe technisch lahmgelegt hat, sind inzwischen sechs Wochen vergangen. Die sieben Bürgermeister und Landrat Melcher informieren die Bürgerinnen und Bürger und ihre Mitarbeitenden darüber, dass der derzeitige Notbetrieb in den Verwaltungen noch länger andauern wird.
Die Südwestfalen-IT wurde Ende Oktober Opfer eines Cyberangriffs einer professionellen Hackergruppe. Es handelt sich um einen der größten Angriffe auf die öffentliche Verwaltung, die es in Deutschland bisher gab. Mehrere hundert Server und tausende Clients aus 72 betroffenen Städten und Kreisen müssen neu aufgebaut und installiert werden.
Seitdem arbeiten auch die sieben Rathäuser in Attendorn, Drolshagen, Finnentrop, Kirchhundem, Lennestadt, Olpe und Wenden sowie das Kreishaus in Olpe im Notbetrieb. Bis die betroffenen Verwaltungen wieder regulär arbeiten können, wird es länger dauern als erwartet.
Immerhin funktionieren mittlerweile die Telefonanlagen in den Rathäusern und im Kreishaus wieder. Zudem kommunizieren die Verwaltungen über Not-E-Mail-Adressen, Ersatzhomepages und Social Media mit den Bürgerinnen und Bürgern. Und das wird auch noch eine ganze Zeit lang so weiterlaufen müssen.
Ausdrücklich bedanken sich die Stadt-und Kreisspitzen für die bisher aufgebrachte Geduld der Bürgerinnen und Bürger und für die hohe Einsatzbereitschaft der Mitarbeitenden in den Rathäusern und im Kreishaus: „Die Bürgerinnen und Bürger des Kreises Olpe und die Beschäftigten in den Verwaltungen sind mit dem Cyberangriff am 29. Oktober 2023 gemeinsam unverschuldet in diese unangenehme Situation gekommen. Fast alles läuft seitdem anders. Die Bürgerinnen und Bürger des Kreises Olpe können sich jedoch sicher sein, dass sich die Beschäftigten in den Rathäusern in Attendorn, Drolshagen, Finnentrop, Kirchhundem, Lennestadt, Olpe und Wenden sowie im Kreishaus in Olpe mit hoher Einsatzbereitschaft dafür einsetzen, zu pragmatischen Lösungen zu kommen, wo es uns rechtlich möglich ist. Wir lassen die Bürgerinnen und Bürger und unsere Beschäftigten nicht allein und gehen weiterhin gemeinsam durch diese Krise!“
Das Verbandsgebiet der Südwestfalen-IT lässt sich in einen Nordteil mit dem Hochsauerlandkreis, dem Märkischen Kreis und dem Kreis Soest und in einen Südteil mit den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein aufteilen. Der Norden des Verbandsgebietes ist weniger stark von den Folgen der Hackerattacke betroffen als der Südteil.
Nach einer vor einigen Wochen veröffentlichten Pressemitteilung der Südwestfalen-IT entstand in der Bevölkerung zunächst der Eindruck, alles sei nicht so schlimm und die Probleme seien gelöst. Die Südwestfalen-IT hat mit einer weiteren Pressemitteilung nun angekündigt, dass die Bürgerinnen und Bürger im Kreis Olpe und die Mitarbeitenden in den Verwaltungen aufgrund deutlich erhöhter Sicherheitsanforderungen und komplexen, ineinandergreifenden IT-Systemen doch länger mit eingeschränkten Dienstleistungen und längeren Wartezeiten rechnen müssen.
Und weil die Probleme so komplex seien, könne die Südwestfalen-IT nicht seriös einschätzen, wann die ersten Fachanwendungen wieder zuverlässig funktionieren. Zeitpläne für jede einzelne Kommune seien daher erst schrittweise zu erwarten. Die Ursache dafür liege ausdrücklich nicht bei den Kommunen. Denn diese können ihre gesamten Dienstleistungen erst dann wieder anbieten, wenn die Südwestfalen-IT ihnen die Voraussetzungen dafür schaffe.
Wie geht es nun weiter?
Derzeit wird versucht, die wichtigsten Fachverfahren wie das Meldewesen, den Standesamtsbereich und das Finanzwesen wieder an den Start zu bekommen. Diese Fachverfahren bilden die Grundlage für eine ganze Reihe öffentlicher Dienstleistungen, darunter u.a. das Ausstellen von Ausweisen, Pässen und Führerscheinen, die Anmeldung von
Geburten, Todesfällen und Hochzeiten, die Auszahlung von aktuell berechneten Sozialhilfeleistungen und Wohngeld, die KFZ-Zulassung sowie Dienste der Ausländerbehörden.
Wann diese Verfahren wieder laufen und die Stadt- und Kreisverwaltungen diese Dienstleistungen wieder anbieten können, kann derzeit jedoch niemand seriös einschätzen.
Mit Unterstützung von Kommunen, die vom Cyberangriff nicht betroffen sind, können zumindest dringende Passangelegenheiten oder die Kfz-Zulassung erledigt werden. Insbesondere die Kommunen des Oberbergischen Kreises leisten hier tatkräftige „Nachbarschaftshilfe“.
Die sieben Bürgermeister aus dem Kreis Olpe und Landrat Melcher sprechen auch hier mit einer Sprache: „Es wäre falsch, jetzt unrealistische Versprechungen zu machen. Wir können weiterhin nur auf Sicht fahren. Die Bürgerinnen und Bürger können sich jedoch in unseren Rathäusern und im Kreishaus melden. Wir bemühen uns, gemeinsam nach individuellen Lösungen zu suchen!“