Luisa Simons ging es zu Schulzeiten wie vielen jungen Menschen. Was kommt im Anschluss? Die Frage nach dem beruflichen Werdegang konnte sie sich aufgrund eines Praktikums in einem Wohnhaus für psychisch Erkrankte schnell beantworten: „Ich möchte im sozialen Bereich arbeiten.“ Nun ist sie im ersten Lehrjahr zur Heilerziehungspflegerin und zieht nach fast achtmonatiger Ausbildungszeit im focus-Wohnhaus Herrnscheider Weg in Drolshagen ein erstes Fazit: „Meine Arbeit ist enorm vielseitig. Ich bin nah an den Menschen und ihren Geschichten und lerne viel über unterschiedliche Krankheitsbilder. Kurzum: Hier gehöre ich hin!“ Anlässlich der bundesweiten Aktionswoche der Heilerziehungspflege (HEP) gewährt sie einen Einblick in ein spannendes Berufsfeld, das fordert und viel zurückgibt.
Wenn die 21-jährige aus Wiehl morgens zur Arbeit kommt, wird sie lächelnd begrüßt, denn die Menschen, die im focus-Wohnhaus der Caritas leben, sind „voller Dankbarkeit“. „Wir erfahren hier viel Herzlichkeit und Wertschätzung von unseren Klienten, die oftmals auf sehr schwierige Lebensumstände und Erfahrungen zurückblicken. Das sind Geschichten, die bewegen und sehr viel vom Lebensalltag ausmachen“, so Luisa Simons, die die halbstündige Fahrt nach Hause nutzt, „um runterzukommen und zu verarbeiten.“ Denn im Wohnhaus im Herrnscheider Weg 24 leben ausschließlich chronisch Suchtkranke – Menschen mit unterschiedlichen psychischen Krankheitsbildern. Dass die Symptomatiken und Beeinträchtigungen nicht von heute auf morgen entstehen, ist der Auszubildenden schnell klar geworden. „Oft ist es ein jahrzehntelanger Prozess. Wir leisten hier viel Biografie-Arbeit und lernen immer auch die familiären Strukturen und Hintergründe unserer Klientinnen und Klienten kennen. Jeder Tag ist anders und bringt neue Herausforderungen mit sich“, beschreibt Luisa Simons ihr Tätigkeitsfeld.Als angehende Heilerziehungspflegerin entwickelt Kommunikationsstrategien und lernt, einfühlsam auf die jeweiligen Bedürfnisse der Menschen einzugehen.

Die Aufgaben in der Heilerziehungspflege sind enorm vielseitig und reichen von der Unterstützung im Alltag über die Förderung sozialer Kompetenzen bis hin zur Organisation von Freizeitaktivitäten der Hilfebedürftigen. Im Rahmen von tagesstrukturierenden Maßnahmen werden die 24 Klientinnen und Klienten, die in sechs Wohngruppen auf zwei Etagen mit eigenen Rückzugsbereichen in dem Drolshagener focus-Wohnhaus leben, mit verschiedenen Beschäftigungsangeboten angeleitet und gefördert. Von der Holz- und Töpferwerkstatt, über kreative Workshops bis hin zu sportlichen Aktivitäten.
„Wir sind Begleiter auf ihrem Weg“
„Unsere Bewohnenden sollen eine größtmögliche Selbstständigkeit zurückerlangen, Hobbys nachgehen, sich betätigen und aus der Reserve gelockt werden. Es ist wichtig, dass sie sich als Teil einer Gemeinschaft fühlen“, betont Luisa Simons. In dem „offenen Haus“, in welchem sich auch An- und Zugehörige nach Anmeldung frei bewegen können, sorgen feste Haushaltsdienste und Aufgaben für Alltagsroutine. „Ein Rumhängen“, so betont die Azubine schmunzelnd, „gibt es hier nicht“ und ergänzt wie unglaublich bereichernd es für sie ist, zu sehen, wie die Klientinnen und Klienten Fortschritte machen und ihre Fähigkeiten entfalten. Es gelte, durch passgenaue Unterstützung eine größtmögliche Selbstständigkeit zu fördern und auch kleine Erfolge zu feiern: „Wir sind nicht nur Betreuer, sondern Begleiter auf ihrem Weg.“Nach der Grundvoraussetzung für den Beruf gefragt, benennt die Auszubildende Schlagworte wie Empathie, Zugewandtheit und Hilfsbereitschaft. Aber auch der Fokus auf die eigene „Psycho-Hygiene“ sei von entscheidender Bedeutung für die Ausübung der Heilerziehungspflege (HEP).Der Arbeitsalltag stärke Luisa in ihrer eigenen Persönlichkeit und Weiterentwicklung, zumal „das Nähe-Distanz-Verhältnis erlernt werden will“, betont auch Annika Klauke, Sozialarbeiterin und Praxisanleitung von Luisa. „Die vielen Blickwinkel, die wir hier einnehmen, sind spannend und herausfordernd zugleich.“
Der Gruppenalltag erfordert oftmals kreative Leistungen und schnelle Lösungsansätze. „Wir müssen unsere Klientinnen und Klienten immer wieder motivieren und ihnen neue Anreize schaffen, ihren Alltag zu gestalten und neue stabile und gesunde Verhaltensmuster erlernen zu können, um Rückfälle o. ä. zu vermeiden“, so Annika Klauke.
Erfüllende Begegnungen und alle Facetten des Menschseins machen den Beruf mit Zukunft aus
Vertrauen spiele im täglichen Miteinander eine ganz zentrale Rolle. „Die Menschen kämpfen aufgrund ihrer psychischen Erkrankung – zumeist ausgelöst durch jahrelangen Alkoholmissbrauch – täglich mit sich selbst ums Überleben. Da werden ganz normale Dinge, wie beispielsweise die Körperhygiene, nebensächlich.“ Auch hier begleiten und unterstützen die Mitarbeitenden die ihnen anvertrauten Menschen.
Nach dem zentralen Merkmal des focus-Wohnhauses Herrscheider Weg gefragt, muss Luisa Simons nicht lange überlegen. „Die Herzlichkeit der Menschen hier! Egal, wer man ist, welchen Weg man hinter sich oder auch noch vor sich hat – es findet keine Vorverurteilung statt“, so die Auszubildende.
Trotz der spannenden Möglichkeiten im Job, ist der Bedarf an Nachwuchs sehr hoch. „Anlässlich der Aktionswoche der Heilerziehungspflegenden möchten wir aufzeigen, wie wichtig und erfüllend unser Beruf voller wertvoller Begegnungen ist. Er bietet einen sicheren Arbeitsplatz in vielfältigen Einsatzbereichen – angefangen von der Kita, über Schulen, Werkstätten, Rehakliniken bis hin zu Wohnhäusern und Pflegeeinrichtungen“, berichtet Annika Klauke. „Unser Beruf gibt uns die Möglichkeit, das Leben anderer Menschen positiv zu beeinflussen und zu unterstützen“, ergänzt Luisa Simons, „wenn das keine Bereicherung ist!“. Falls Interessierte im Rahmen eines Schnupperpraktikums einen Einblick in den Arbeitsalltag von Heilerziehungspflegenden gewinnen möchten, können sie sich gerne bei Hausleitung Simone Clemens, (02761 8372-2512 oder sclemens@caritas-olpe.de) melden.
Zum Beitragsbild: Luisa Simons mit Andreas Brix und und Markus Buchner. Fotos: Caritasverband Olpe
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