Schichtwechsel schafft Sichtwechsel

Aktionstag schärft den Blick für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

Einmal im Streifenwagen mit der Polizei unterwegs sein, auf dem „Chefsessel“ der Gemeinde Kirchhundem Platz nehmen oder im Einkauf eines heimischen Unternehmens mitarbeiten – beim bundesweiten Aktionstag „Schichtwechsel“ war dies jetzt möglich. Vier Beschäftigte der Werthmann-Werkstätten tauschten ihren Arbeitsplatz für einen Tag mit Vertretenden aus Verwaltung, Industrie und öffentlichem Leben. Was zunächst nach einem ungewöhnlichen Rollenspiel klingt, entpuppte sich als wertvolle Erfahrung für beide Seiten: Ein Perspektivwechsel mit Herz, Respekt und echtem Miteinander.

Kirchhundems Bürgermeister Björn Jarosz, Polizeidirektor Ralf Kluxen sowie Katharina Schmidt von der Firma EMG Automation GmbH gehörten zu den Teilnehmenden, die für einen Arbeitstag in die Werkstätten wechselten und hautnah erlebten, was den Alltag dort so besonders macht. Im Gegenzug tauchten mit Gerd van Gerven, Christiane Timmer, Inge Christmann und Jason Seufert vier Beschäftigte in die Arbeitswelt ihrer Gäste ein.

Perspektivwechsel lenkt Blick auf den Menschen

Hinter dem Aktionstag steht die Idee, Barrieren abzubauen und für die Themen Teilhabe und Inklusion zu sensibilisieren. Menschen mit und ohne Behinderung lernen, wie die Arbeit des jeweils anderen aussieht – und welche Fähigkeiten dahinterstecken. „Die Aktion ist eine gute Gelegenheit, sich auszutauschen und zu verstehen, was der andere Tag für Tag leistet“, so der frisch wiedergewählte Bürgermeister der Gemeinde Kirchhundem.

Der Rundgang durch die verschiedenen Arbeitsbereiche der Industrie- und Elektromontage und erste Einblicke in die berufliche Bildung und die Abteilung ‚Digital Plus‘ verdeutlichten: Das Interesse am Gegenüber war groß. Fragen wurden gestellt, Handgriffe ausprobiert und Produkte erklärt, so dass die anfängliche Neugier schnell einem echten Miteinander wich. „Ich bin beeindruckt von der konzentrierten und qualitativ hochwertigen Arbeit – und von der positiven Atmosphäre, die hier herrscht“, so Ralf Kluxen. „Man merkt sofort, dass hier Kompetenz, Geduld, eine gute Anleitung und viel Herzblut Hand in Hand gehen.“

Werkstätten als wertvolle Industriepartner

Getreu dem Werkstatt-Leitmotto ‚Arbeit möglich machen‘ bieten die Abteilung Olper und die Nebenstelle Welschen Ennest 125 Menschen mit vorwiegend psychischen Behinderungen Arbeitsplätze, die sich an deren individuellen Fähigkeiten orientieren. „Die Arbeit wird bei uns dem Menschen angepasst, nicht umgekehrt“, betonte Achim Scheckel im Rahmen des Aktionstages. „Wir sind wichtige Industriepartner für viele Firmen im Kreisgebiet. Was hier gefertigt wird, ist unverzichtbar – auch wenn man die Teile, die oftmals der Weiterverarbeitung dienen, am Endprodukt nicht immer direkt sieht “, betonte Andreas Mönig als Gesamtleitung der Werthmann-Werkstätten des Caritasverbandes Olpe.
So entstehen hochwertige Produkte und Dienstleistungen – getragen von Motivation, Sorgfalt und Fachwissen. Dies bestätigte auch Katharina Schmidt aus dem Einkauf der Firma EMG, deren Fazit des Tausch-Tages ebenso positiv ausfiel wie das ihrer Mit-Akteure: „Hier wird nicht nur gearbeitet, hier wird Gemeinschaft gelebt. Jeder hat einen Platz, wird geschätzt, gefördert und unterstützt, um seinen beruflichen Weg zu finden – ob innerhalb des Werkstattsystems oder auch außerhalb.“

Eine Voraussetzung dafür sei es, die persönliche Entwicklung eines jeden Beschäftigten in den Blick zu nehmen, so Achim Scheckel: „Viele Menschen gewinnen hier Schritt für Schritt ihr Selbstvertrauen zurück, erarbeiten sich alte Fähigkeiten oder entdecken ganz neue. Umso schöner, wenn einigen Beschäftigten die Rückkehr auf den ersten Arbeitsmarkt dann auch gelingt.“

Ein starkes Zeichen für die Region: Teilhabe heißt Teil sein

Für Andreas Mönig ist der Schichtwechsel ein starkes Signal nach außen, in die Region: „Nur gemeinsam mit Unternehmen, Verwaltungen und der Öffentlichkeit können wir Inklusion und Teilhabe vorantreiben. Diese Aktion bringt Menschen zusammen, die sonst eher selten miteinander arbeiten.“ Der Schichtwechsel mache Begegnung und Zusammenarbeit greifbar und öffne Türen, wo sonst oftmals Barrieren bestehen.

Am Ende waren sich alle Beteiligten einig: Der Aktionstag ist weit mehr als ein symbolisches Projekt – er ist ein Zeichen für Offenheit, Vielfalt und die Anerkennung dessen, was Menschen mit Behinderung tagtäglich leisten.

Zum Foto: Gemeinsam waren sie Teil des Aktionstages „Schichtwechsel“: Beschäftigte der Werthmann-Werkstatt mit deren Leitungen sowie Vertreter aus Industrie, Verwaltung und öffentlichem Leben. Foto: Caritasverband Olpe

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